Spätestens wenn der nächste "Flüchtlingsskandal" das Cover der BILD ziert, wird die Vision einer deutschen Bürgerwehr, die auf den Straßen für Recht und Ordnung sorgt und andere Deutsche vor den "bösen" Ausländern beschützt, wieder eine Rolle spielen. Und wahrscheinlich noch mehr Anhänger finden als zuvor. In Zeiten, in denen Parteien wie die AfD, die offensichtlich rechtes Gedankengut vertreten, in Stadträte, Landtage und bestimmt bald auch in den Bundestag einziehen, sind solche Ideen eher schwer zu ersticken. Werbung für das rechte Magazin "Compact" erscheint im Fahrgast TV der LVB, Websites wie "politicallyincorrect" veröffentlichen rassistische Beiträge und werden dafür nicht geahndet - im Gegenteil, sogar gefeiert. Das rechte Lager wächst - und damit auch der Druck auf die Linken, sich zu positionieren. Öffentlich.
Gestern sollten in Leipzig drei Demonstrationen stattfinden, eine wurde abgesagt, zwei fanden statt. Zu der Demo, die von Geflüchteten initiiert wurde, erschienen die betroffenen Refugees nicht. Nach Berichten der wenigen Geflüchteten vor Ort und einigen Flüchtlingshelfern wurden sie von der Polizei und den Sicherheitsmännern bedroht. Man sagte ihnen, sie würden zurück nach Syrien geschickt, wenn sie für bessere Lebensbedingungen auf die Straße gingen. Da wundert es nicht, dass die Bürgerwehr in ihrer Beschreibung angegeben hatte, die Polizei unterstützen zu wollen. Sicher sind nicht alle Polizisten in ihrer Freizeit Skinheads mit Springerstiefeln. Aber die Tatsache, dass jemand mit einer rassistischen Haltung, einer Pistole und einem Schlagstock durch die Straßen rennt und selbst bei ungerechtfertigter Gewaltanwendung noch den Rücken durch den Staat gestärkt bekommt, macht mir Angst. Müssten sie die LEGIDA Demonstrationen nicht in Uniform absichern, würden einige sicher zivil auf der anderen Seite des Zauns stehen.
Die anderen zwei Demonstrationen wurden von verschiedenen Vereinen/Organisationen auf die Beine gestellt, unter anderem von "Leipzig nimmt Platz". Die Proteste waren friedlich und glücklich, trotzdem war man sich dem Ernst der Zusammenkunft bewusst und lauschte den Ansprachen zu Themen wie "Asylpaket II stoppen" aufmerksam. Zwischen den Ansprachen lief Musik und die gebastelten Plakate waren sehr kreativ gestaltet mit eindeutigen Botschaften.
"Besorgt es euch selber!"
Ich habe noch nie glückliche Menschen bei einer Legida Demo gesehen. Sie schreien Hetzparolen mit Nazi-ähnlicher Euphorie und wirken ernst und hasserfüllt. Man ist verbunden durch den Groll, den man pflegt, nicht durch die gemeinsame Freude an Engagement und Hilfsbereitschaft. Man ist frustriert über das eigene Leben und überträgt diesen Hass auf Menschen, die noch weniger haben.
Gewalt gibt es aber leider auf beiden Seiten. Im Dezember wurde die Karl-Liebknecht-Straße durch antifaschistische Demonstranten zerstört, viele Scheiben wurden eingeschlagen, 69 Beamte verletzt und zahlreiche Mülltonnen in Brand gesteckt. Nicht mal einen Monat später überfielen rechte Hooligans die Wolfgang-Heinze-Straße in Connewitz, der Sachschaden war sehr hoch. In eine Wohnung wurden sogar Feuerwerkskörper geworfen.
Ich wünschte mir, das wäre nicht nötig. Gewalt ist nie eine Lösung. Und bislang ist kein Ende des Streits in Sicht: Die Fronten sind extremst verhärtet, die Situation in Deutschland verschärft sich stetig, und jetzt hat der Bundestag das Asylpaket II verabschiedet - das wird das rechte Lager besänftigen, aber die ProAsyl Fraktion wird das nicht auf sich sitzen lassen und weiter kämpfen. Hoffentlich ohne Gewalt.
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