Die Anmeldung ist unkompliziert, alles läuft über Facebook. Hat man kein Facebook, hat man auch kein Recht sich via Tinder zum Sex zu verabreden. Da wollte Mark Zuckerberg einigen wohl einen Strich durch die Rechnung machen. Kein Facebook, kein Sex.
Als ich nun endlich mein eigenes Profil aufgehübscht hatte konnte es losgehen. Swipe nach rechts, like. Swipe nach links, dislike. Ziemlich oberflächlich, Leute aufgrund ihres Aussehens als potentiellen Partner (für was auch immer) auszuschließen. Aber das ist halt das Prinzip der App.
Nach einigen Minuten hatte ich bereits ein erstes Match. Wuuuuh. Nachdem ich mich dann durch einen Haufen Männerbilder gewühlt hatte und einige Matches erzielen konnte (so proud!) ging es auch schon los mit den Nachrichten. Die meisten schrieben mir ganz normal, fragten wies mir geht, was ich so mache. Der übliche Smalltalk halt.
Andere Kandidaten waren ziemlich von sich selbst überzeugt und fragten mich, ob ich eine Beziehung oder "just fun" suche. Meine Antwort ging immer in dieselbe Richtung - ich wollte mich unterhalten, neue Leute treffen, Freunde finden. Für reine Sex Dates bin ich nicht zu haben. Punkt. Mehrfach habe ich dann zu hören bekommen, dass Freundschaften zwischen Männern und Frauen doch nicht funktionieren würden. Ich meinte dann, dass man sich ja nicht von jedem Penis angezogen fühlt. Ob das dann hieße, dass ich nur Leute like, die mich nicht anziehen. NEIN. Selbst wenn sie mich anziehen müssen sie mich ja nicht gleich ausziehen. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Kann man jemanden nicht sympathisch finden und deshalb auf "Gefällt mir" drücken? Einfach, weil jemand nett aussieht? Ist das so schwer zu verstehen? Meine Freunde finde ich in der Regel ja auch sympathisch. Oder?
Es scheint heut zu Tage für die meisten Männer (ich kann nur für die Männer sprechen, da ich keine Dating-Erfahrungen mit Frauen hab!) normal zu sein, dass jede Frau, die nicht bei drei auf dem Baum ist, mit ihnen ins Bett will. Nicht nur online.
Meine Freundin hat mir neulich erzählt, dass sie in einer Bar ein nettes Gespräch mit einem Mann geführt hat. Am Ende hat sie ihn gefragt, ob er mal einen Kaffee trinken gehen möchte. Schließlich ist sie auch neu in der Stadt und kennt noch nicht so viele Leute. "Nein", habe er gemurmelt, "ich habe eigentlich kein Interesse an dir!" Sie auch nicht an ihm, denn sie ist in einer glücklichen Beziehung. Als sie ihn darüber aufgeklärt hatte, war er baff. Er wusste nichts mit der Situation anzufangen, war perplex. Aber ist das nicht traurig? Warum deuten so viele Menschen jegliches Interesse im Hinblick auf Sex, Beziehung und Gefühle?
Ich denke das liegt an der Arroganz, die in der Welt vorherrscht.
Besonders meine Generation ist betroffen. Jeder ist etwas besonderes, wenn er 50, 100 Likes für seine Bilder bekommt. Die Beliebtheit wird einem bescheinigt.
Außerdem bekommt jeder von seinen Eltern eingeredet etwas "ganz besonderes" zu sein.
Früher war die breite Masse Arbeiterklasse.
Heute schimpft sich jeder Akademiker.
Natürlich hat man es dann "weiter" gebracht als seine Eltern und diese sind "ganz stolz".
Aber die Voraussetzungen dafür sind heute auch ganz anders als früher. Heute ist das normal, in der Generation meiner Eltern war es noch ein Privileg, studieren zu gehen. Inzwischen ist das der Standard.
Man sollte also versuchen, etwas bodenständiger an alles heranzugehen. Nicht jeder wird Geschichte schreiben und nicht jeder ist ein Superhecht. Aber jeder ist Liebenswert. Jeder hat es verdient, geliebt zu werden. Und jeder hat eine Chance verdient.
Man soll ja bekanntlich aufhören, wenns am schönsten ist - das tu ich jetzt!
Man soll ja bekanntlich aufhören, wenns am schönsten ist - das tu ich jetzt!
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